Redispatch 2.0
Die Regelungen zum erweiterten Redispatch-Prozess (Redispatch 2.0) wurden im Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABeG 2.0, Inkrafttreten am 17. Mai 2019) aufgenommen und sind ab dem 1. Oktober 2021 von allen Marktpartnern, wie z.B. Anlagenbetreibern, Direktvermarktern oder Netzbetreibern, umzusetzen.
Mit dem weiterentwickelten Redispatch 2.0 führt der Gesetzgeber die Prozesse des konventionellen Redispatch und des Einspeisemanagements mit dem Ziel einer Vereinheitlichung und Optimierung zusammen. Hierbei werden alle Erzeugungsanlagen ab 100 Kilowatt (kW) und nachrangig auch alle steuerbaren Erzeugungsanlagen kleiner 100 kW in Redispatch-Maßnahmen einbezogen. Dazu gehören dann neben Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) auch Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) sowie Speicheranlagen. Dies soll zu einer höheren Prozesseffizienz, geringeren Kosten und damit auch einer Senkung des Beitrags der Engpassbehebung zu den Netzentgelten bei gleichbleibender Netzsicherheit führen.
Welche Aufgaben müssen Sie als Anlagenbetreiber im Redispatch 2.0 erfüllen?
- Benennung eines Einsatzverantwortlichen (EIV) und eines Betreibers der Technischen Ressource (BTR)
- Bereitstellung von Stammdaten
- Bereitstellung von Bewegungsdaten
- Festlegung der Abrufart für die Leistungsreduzierung (Aufforderungsfall oder Duldungsfall)
- Festlegung des Bilanzierungsmodells (Planwertmodell oder Prognosemodell)
Welche Marktrollen gibt es im Redispatch 2.0?
Für einen sicheren und reibungslos funktionierenden Austausch von Informationen zur Umsetzung von Redispatch 2.0 wurden bestimmte Verantwortlichkeiten und Aufgaben jeweils genau einer sog. Marktrolle zugeordnet. Natürliche oder juristische Personen können hierbei mehrere Rollen einnehmen. Für Sie als Anlagenbetreiber kommen dabei drei Marktrollen in Betracht.
Anlagenbetreiber
Der Anlagenbetreiber ist per Gesetz (siehe § 3 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 EEG) die natürliche oder juristische Person, die eine EEG-, KWK- oder Speicher-Anlage betreibt. Er hat rechtliche Verpflichtungen und Ansprüche, die mit dem Anschlussnetzbetreiber vertraglich geregelt sind (bspw. für den Netzanschluss oder die Vergütung von eingespeistem Strom). Der Anlagenbetreiber ist der Betreiber einer technischen Ressource (BTR) und der Einsatzverantwortliche (EIV), wenn er diese Rollen nicht an Dritte abtritt.
Betreiber der Technischen Ressource (BTR)
Der BTR ist für den Betrieb einer Technischen Ressource (TR) verantwortlich. Dies kann im Redispatchprozess die Übermittlung von Echtzeitdaten oder meteorologischen Daten für die Ermittlung der zu bilanzierenden Energiemenge bzw. Ausfallarbeit umfassen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten (z. B. ein Direktvermarktungsunternehmen) mit der Wahrnehmung beauftragt. Wir als Ihr Anschlussnetzbetreiber können die Rolle des BTR nicht übernehmen.
Einsatzverantwortlicher (EIV)
Der EIV ist für die Planung und Einsatzführung einer technischen Ressource (TR) und die Übermittlung der Fahrpläne verantwortlich. So muss er die für den Netzbetreiber erforderlichen Daten der Anlage aktuell und vollständig gemäß den gesetzlichen Verpflichtungen beziehungsweise des BNetzA-Beschlusses zur Informationsbereitstellung (BK6-20-061) bereitstellen. Dazu gehören insbesondere verbindliche Informationen über den prognostizierten Anlageneinsatz und Nichtbeanspruchbarkeiten der Anlage. Der Datenaustausch wird über die Austauschplattform Connect+ (Rolle des Data Providers) abgewickelt. Des Weiteren hat der EIV Aufforderungen zur Anpassung des Anlageneinsatzes zur Unterstützung des Netzbetriebes umzusetzen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten mit der Wahrnehmung beauftragt. Im Allgemeinen bietet sich ein Direktvermarktungsunternehmen für die Übernahme dieser Rolle an. Wir als Ihr Anschlussnetzbetreiber können die Rolle des EIV nicht übernehmen.
Was sind Technische und Steuerbare Ressourcen (TRs/SRs)?
Technische Ressourcen (TRs) und Steuerbare Ressourcen (SRs) sind neue Identifikatoren (IDs) gemäß Rollenmodell für die Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt und dienen im elektronischen Datenaustausch zwischen den Marktpartnern als eindeutige Benennung von technischen Objekten. Eine TR ist dabei ein technisches Objekt, das Strom verbraucht und/oder erzeugt (bspw. ein Speicher oder ein Generator). Eine SR wirkt auf mindestens einen Netzanschlusspunkt, ist steuerbar, setzt sich aus mindestens einer TR zusammen und ist mindestens einer Marktlokation (MaLo) zugeordnet.
Die Identifikatoren für TRs und SRs werden entsprechend der Bildungsvorschrift durch die Codevergabestelle des BDEW an den Netzbetreiber vergeben und bestehen aus einer 11-stelligen, alphanumerischen ID-Nummer (bspw. C1010123101 (SR), D1019123001 (TR)). Der Netzbetreiber muss die TR-ID, die SR-ID und die Zuordnung dieser Identifikatoren zu den Erzeugungsanlagen und Fernwirkgeräten an den Anlagenbetreiber übermitteln. Der Anlagenbetreiber übermittelt diese an seinen Einsatzverantwortlichen (EIV). Stimmt der EIV der TR/SR-Zuordnung nicht zu, erfolgt eine bilaterale Abstimmung mit dem Netzbetreiber.
Wie werden die Anlagen im Redispatch 2.0 geregelt?
Bei Engpässen im Stromnetz ist der Anschlussnetzbetreiber berechtigt, die Erzeugungsleistung Ihrer Anlage anzupassen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies ändert sich mit der Einführung von Redispatch 2.0 nicht. Die Leistungsreduzierung kann dabei weiterhin über ein Fernwirkgerät (Funkrundsteuerempfänger oder Fernwirkanlage) in den vom jeweiligen Fernwirkgerät umsetzbaren Stufen erfolgen. Hierbei wird zwischen dem Aufforderungs- sowie dem Duldungsfall unterschieden. Die Wahl der Abrufart (Aufforderungsfall/Duldungsfall) wird über die Austauschplattform Connect+ durch den EIV an den Netzbetreiber übermittelt. Liegt dem Netzbetreiber keine Zuordnung zu einer Abrufart vor, wird die Anlage dem Duldungsfall zugeordnet.
1. Aufforderungsfall
Im Aufforderungsfall muss der Einsatzverantwortliche (EIV) den Einsatz an seiner Anlage selbst umsetzen („Der Anlagenbetreiber wird vom Netzbetreiber zur Regelung aufgefordert.“).
2. Duldungsfall
Beim Duldungsfall regelt der Anschlussnetzbetreiber die Anlagen („Der Anlagenbetreiber muss die Regelung des Netzbetreibers dulden.“). Der Duldungsfall entspricht dem heutigen Einspeisemanagement „EinsMan“.
Was ist das Bilanzierungsmodell?
Entgegen dem jetzigen Einspeisemanagement „EinsMan“ wird im Redispatch 2.0 nicht nur die eingespeiste, sondern auch die abgeregelte Energiemenge (sog. Ausfallarbeit) je Viertelstunde einem Bilanzkreis zugeordnet und somit ein bilanzieller Ausgleich erzielt. Für diesen bilanziellen Ausgleich und die Abrechnung werden prinzipiell zwei Modelle angeboten. Es wird zwischen dem Prognosemodell und dem Planwertmodell unterschieden. Die beiden Modelle unterscheiden sich vor allem in der Art der Erstellung der Erzeugungsprognose und werden zwischen dem Anlagenbetreiber und seinem Einsatzverantwortlichen (EIV) für jede Steuerbare Ressource (SR) abgestimmt.
Planwertmodell
Im Planwertmodell muss der EIV Anlagenfahrpläne (Erzeugungsprognosen) für jede Technische Ressource (TR) mindestens am Vortag an den Netzbetreiber übergeben. Um am Planwertmodell teilnehmen zu können, muss der EIV die Voraussetzungen des „Kriterienkatalog Planwertmodell“ (Anhang zu Anlage 1 zum Beschluss BK6-20-059 der Bundesnetzagentur) erfüllen. Erzeugungsanlagen mit einer Leistung ab 10 Megawatt müssen am Planwertmodell teilnehmen.
Prognosemodell
Im Prognosemodell wird die Erzeugungsprognose vom Netzbetreiber durchgeführt. Es müssen somit keine Anlagenfahrpläne an den Netzbetreiber übermittelt werden. Dem Prognosemodell werden alle Anlagen zugeordnet, die sich nicht im Planwertmodell befinden.
Welche Abrechnungsmodelle gibt es?
Das Abrechnungsmodell beschreibt die Methode, mit der im Falle einer Redispatch-Maßnahme die Ausfallarbeit ermittelt wird. Die Pauschal-Abrechnung basiert dabei je nach Energieträger auf der Fortschreibung der letzten vollständig gemessenen Leistungsmittelwerte der Anlage vor der Maßnahme für den Zeitraum der Redispatch-Maßnahme. In der Spitzabrechnung wird die Ausfallarbeit auf Basis von anlagenscharfen Wetterdaten dynamisch je Viertelstunde ermittelt. Im Redispatch 2.0 besteht zudem die Möglichkeit eine vereinfachte Spitzabrechnung („Spitz Light“) zu nutzen, falls keine eigene Messung der Wetterdaten an der Erzeugungsanlage vorhanden ist. Die Wetterdaten in diesem Verfahren werden dabei nicht direkt an der Erzeugungsanlage gemessen, sondern stammen von Dritten (bspw. Wetterdienstleister oder dem Netzbetreiber). Die Wahl der Abrechnungsmethode obliegt Ihnen als Anlagenbetreiber. Weitere Informationen finden Sie in der BDEW-Anwendungshilfe Einführungsszenario Redispatch 2.0 im Zusammenhang mit der Bundesnetzagentur-Festlegung BK6-20-059. Das Abrechnungsmodell ist zudem abhängig vom Bilanzierungsmodell und der Art der Energieerzeugung.
Anlagen mit wetterabhängiger Erzeugung (Wind/Photovoltaik)
Bilanzierungsmodell | Planwertmodell | Progronosenmodell |
---|---|---|
Abrechnungsvarianten | Pauschal | |
Vereinfachte Spitzabrechnung | vereinfachte Spitzabrechnung | |
Spitzabrechnung | Spitzabrechnung |
Anlage mit wetterunabhängiger Erzeugung (Biomasse, KWK u.Ä.)
Bilanzierungsmodell | Planwertmodell | Prognosemodell |
---|---|---|
Abrechnungsvarianten | Spitzabrechnung | Pauschal |
Weitere Informationen
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